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Leben
Positive Aging Yoga
Wie willst du alt werden?
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Leben
Wie willst du alt werden?
von Sabine
Darüber habe ich mir bis Ende 40 nie Gedanken gemacht. Meine Welt funktionierte, wenn ich es nur wollte und ich funktionierte. Da gab es keine Pausen, kein Innehalten, kein bewusstes Genießen. Der Tag war getaktet: Politik, Familie, Sport und abends wieder Politik. Ich war getrieben von der Suche nach Leistung, Erfolg und Anerkennung und immer neuen Kicks in meinem Leben. Doch bei meinem zweiten Marathon, schlug mein Körper Alarm. Eine Blasenentzündung, die sich 2 Jahre hinzog und doch machte ich weiter wie bisher. Es musste doch irgendwie gehen. Mein Körper gab nicht auf und schickte mir einen Bandscheibenvorfall, den ich auch wieder möglichst ignorierte, bis ich mich zu einer OP entschloss. Danach war es schlimmer als vorher. Langsam, in den vielen Stunden, die ich in meinem Heilungsprozess zur Ruhe gezwungen war, begann ich zu ahnen, dass es nicht möglich ist, gegen den Körper und gegen die Veränderungen, die das Älterwerden mit sich bringt anzukämpfen. Sie kommen, egal ob wir wollen oder nicht. Deshalb gibt es nur einen Weg: sie anzunehmen!
Es beginnt meist harmlos. Eine neue Falte hier, ein neuer Altersfleck dort. Der Körper fühlt sich steifer an, vor allem morgens nach dem Aufstehen. Die Belastbarkeit nimmt ab, alles wird anstrengender.
Willkommen im natürlichen Alterungsprozess! Der Körper speichert weniger Wasser und die Faszien verlieren an Elastizität. Ab ca. 30 baut der Körper Muskelmasse ab und verwandelt sie in Fettgewebe. Die Knochendichte nimmt ab. Das Immunsystem wird schwächer, Heilung dauert länger und der Stoffwechsel wird langsamer.
Klingt nicht gerade ermutigend, oder? Doch das passiert schleichend und oft bemerken wir es gar nicht. Aber plötzlich wird uns dann bewusst: da verändert sich etwas. Die gute Nachricht ist, wir sind dem nicht ausgeliefert. Auch bis ins hohe Alter können wir noch Muskeln und Beweglichkeit trainieren. Und noch besser: Mit dem Älterwerden verändert sich unser Glücksgefühl. Dies hat Arzt und Neurowissenschaftler Tobias Esch in zahlreichen neurowissenschaftlichen Studien herausgefunden. Unsere Lebenserfahrung lässt uns gelassener, ruhiger und zufriedener werden und schenkt uns eine neue Art von Lebensqualität.
Ist das nicht eine gute Perspektive für ein immer längeres Leben?
Die Frage ist, wie wollen wir mit dieser geschenkten Lebenszeit umgehen? Es bringt ja nichts, sich nur auf die Beschwerden zu konzentrieren. Es geht darum, diese Lebenszeit als Chance zu sehen, das Positive zu entdecken, zu sehen, was wir haben, was noch geht, was möglich ist.
Und dabei auch Mut zu haben. Die Neugier nicht zu verlieren.
Mit 63 habe ich nochmal einen Neustart gewagt und mich, nach dem Ende meiner Zeit im Münchner Stadtrat, dem Yoga zugewendet. Und zwar dem Yoga für ein positives Älterwerden.
Nach einer Ausbildung in positiver Psychologie kam mir die Idee meine Leidenschaft für Yoga mit der positiven Psychologie zu verbinden. Und das immer unter dem Blickwinkel: wie will ich alt werden. Daraus ist »Positive Aging Yoga« entstanden.
Positiv älter zu werden, das klingt erstmal gut. Aber wie geht das? Man kann ja nicht einfach den Schalter umlegen und plötzlich ist alles schön. Das wäre gut. Nein, es bedarf einer anderen Grundhaltung – der Selbstwahrnehmung und der Annahme, was ist. Aber der Reihe nach.
Der Ausgangspunkt für Positive Aging Yoga ist das PERMA Modell von Martin Seligman, dem Pionier der positiven Psychologie. Nachdem sich die Psychologie bis in die 1990er Jahre nur mit der Bearbeitung von persönlichen Krisen, Problemen und Konflikten beschäftigt hatte, wandte sich Seligman erstmal der Frage zu »was macht ein Leben glücklich?«. Es geht dabei vor allem darum, den Blick zu verändern: auf das Gelingen, nicht auf die Defizite, auf die Stärken statt auf die Schwächen.
Wie ein gelingendes Leben aussehen kann, beschreibt Seligman in seinem PERMA Modell.
Er hat dafür fünf entscheidende Aspekte identifiziert:
P – Positive Emotions: Erlebe möglichst viele positive Gefühle
E – Engagement: Nutze deine Stärken und erlebe Momente des Flows
R – Relationship: Pflege erfüllende Beziehungen
M – Meaning: Finde Sinn in dem, was du tust
A – Accomplishment: Setze dir Ziele und erreiche sie
Das gilt für jede Lebensphase, gewinnt aber mit zunehmendem Alter an Bedeutung.
Die Erkenntnisse der positiven Psychologie finden spannende Parallelen in den Lehren des Yogasutras. Obwohl sich die Welt seit den Zeiten Patañjalis grundlegend verändert hat, sind die Lebensthemen der Menschen gleichgeblieben. Der achtgliedrige Pfad des Yogasutras zeigt eindrucksvoll, wie ein gelingendes Leben, auch im Alter, gestaltet werden kann.
Die Yamas und Nyamas dienen dabei als Wegweiser für mehr Lebenszufriedenheit. Mit zunehmendem Alter werden viele Dinge anstrengender, und wir benötigen mehr Kraft und Disziplin (Abhyasa, Tapas), um unsere Ziele zu erreichen. Doch unsere Lebenserfahrung schenkt uns gleichzeitig mehr Gleichmut (Vairagya), Leichtigkeit und Lebensfreude.
Sie unterstützt uns darin, den Fokus auf die Liebe zu uns selbst (Ahimsa) und auf Zufriedenheit (Samtosha) zu legen.
Es geht darum, Klarheit darüber zu gewinnen, was wir wirklich wollen (Shauca), und zu akzeptieren, dass auch die Herausforderungen des Älterwerdens ihren Sinn haben (Ishvara Pranidhana). Das Alter fordert von uns, maßvoller (Brahmacharya) und bescheidener (Aparigraha) mit uns selbst umzugehen.
Somit liefert der achtgliedrige Pfad des Yogasutras einen universellen und zeitlosen Leitfaden für ein erfülltes Leben. Positive Aging Yoga verbindet diese uralten Prinzipien mit den modernen Erkenntnissen der positiven Psychologie.
Das Konzept verbindet das PERMA Modell mit Techniken aus dem Yoga, Embodiment und Focusing, um Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen. Doch wie genau funktioniert das in der Praxis? Lass uns die zwei zentralen Ansätze – Embodiment und Focusing – näher betrachten, die in diesem Konzept eine Schlüsselrolle spielen.
Embodiment bedeutet wörtlich »Verkörperung« und beschreibt die wechselseitige Beziehung zwischen Körper und Geist. Unser Körper beeinflusst, wie wir uns fühlen – und umgekehrt.
Probiere es aus: Setze dich mit rundem Rücken hin, lass den Kopf hängen und denk an etwas, das dich glücklich macht. Wie schwer fällt dir das? Jetzt richte dich auf, öffne deinen Brustkorb, hebe deinen Blick und denke nochmal daran. Merkst du den Unterschied?
Genau darum geht es im Embodiment – mit bewusster Körperhaltung unsere Emotionen positiv zu beeinflussen.
Während Embodiment über die Körperhaltung wirkt, geht es beim Focusing darum, mit den inneren Gefühlen und Bedürfnissen in Kontakt zu treten. Der Focusing-Therapeut Klaus Renn nennt es »unser Zuhause«.
Auch im Yoga lässt sich der Ansatz des Focusing nutzen, um persönliches Wachstum zu fördern. Dabei stehen vier zentrale Prinzipien im Vordergrund: Anwesenheit, Absichtslosigkeit, Akzeptanz, Anfängergeist.
Mit diesen Grundlagen verbinden sich Yoga und Focusing zu einer ganzheitlichen Praxis, die innere Achtsamkeit und positive Veränderungen ermöglicht.
Nach so viel Theorie willst du sicher wissen, wie Positive Aging Yoga konkret aussieht.
Die Praxis legt besonderen Wert darauf, positive Emotionen zu stärken und stellt immer wieder eine Verbindung zu Embodiment und Focusing her. Hier zwei Beispiele: Lebensfreude und Selbstliebe,
Starte mit einer dynamischen Schüttelmeditation zu Musik. Lass deinen Körper sich frei bewegen und spüre danach in dich hinein. Anschließend kannst du bekannte āsanas wie den Baum oder den Krieger 3 spielerisch ausprobieren. Mit Kundalini-Übungen kannst du zusätzlich deine Energie aktivieren.
Eine wunderbare Embodiment-Haltung ist »Taking Space« (nach Mark Walsh, »Embodied Yoga Principles«). In dieser Haltung – stehend oder liegend wie ein Stern – kannst du erforschen, ob du dich gerne zeigst oder eher zurückziehst. Nimm in dieser Haltung wahr, ob sie sich angenehm oder unangenehm anfühlt. Spüre, woher du dieses Gefühl kennst und ob du mehr oder weniger davon in deinem Leben möchtest. So unterstützt dich die Praxis dabei, bewusster mit deinen Gefühlen und Mustern umzugehen.
Beginne mit einer Selbstliebe-Meditation, in der du dir dreimal folgende Sätze vorsagst:
»Ich glaube an mich. Ich liebe mich. Ich vertraue mir und dem Leben. Ich bin stark.«
Anschließend steigst du in eine āsana-Praxis ein, die Weite, Öffnung und Entspannung fördert. Durch das Focusing Prinzip »Anwesenheit« lernst du, deinen inneren Kritiker leiser werden zu lassen und stattdessen ganz im Moment zu sein.
Komm in die Kindhaltung (balāsana), die Arme sind neben dem Körper. Spüre in deinen Körper hinein: Wie fühlt sich dein Körper an? Weit, eng, angenehm? Wie ist dein Atem – lang, kurz, flach, tief? Welche Bereiche fühlen sich angenehm an? Verändert sich dieses Gefühl oder bleibt es gleich? Führe die Hände nach vorne und nimm bewusst wahr, wie du sie aufsetzt. Spüre den Kontakt zur Matte – ist der Druck gleichmäßig oder unterschiedlich? Lenke deinen Atem in deinen ganzen Körper. Was verändert sich?
Du kannst auch hier eine Embodimenthaltung anschließen:
Selfcare: Umarme dich und stelle dir wieder die Fragen, wie bei »Taking Space«.
Mit diesen Elementen bietet Positive Aging Yoga eine tiefgehende, ganzheitliche Methode, die positive Emotionen stärkt, Körper und Geist verbindet und dich dabei unterstützt, ein erfülltes und zufriedenes Leben zu führen – in jedem Lebensalter.
»Du kannst die Wellen nicht aufhalten, aber du kannst lernen, auf ihnen zu surfen.«
(Swami Satchidananda)
In diesem Sinne wünsche ich dir viel Freude beim Älterwerden!
Alles Liebe,
Sabine
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Veröffentlicht am 9. Februar 2025 | Geschrieben von Sabine | Alle Artikel von Sabine
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Herzlichen Dank für diesen inspirierenden Artikel! Kann ich im Moment sehr gut „gebrauchen“ 😉
Liebe Grüße Caroline 🤗🔆
Das freut mich! Leite ich gleich an Sabine weiter! Liebe Grüße ins Allgäu! Ich weiß, ihr habt Yogini-Treffen am 16. Da bin ich leider noch nicht da. Beim nächsten Mal wieder! ❤️ Bärbel