Was genau ist Vinyasa Flow Yoga?
Vinyasa Flow Yoga ist eine dynamische, kraftvolle Praxis, die die Muskulatur kräftigt und dehnt, mobilisiert, sowie Beweglichkeit fördert. Durch das konzentrierte Zusammenbringen von Atem und Bewegung im sich gegenseitig bedingenden Fluss (Flow!) kann es gut passieren, dass ein unruhiger Geist wieder zur Ruhe kommt und sich am Ende der Stunde, in der Entspannungsphase, tiefste Zufriedenheit breit macht - in Körper, Geist und Seele.
Der im Vinyasa Flow Yoga langsam, tief und gleichmäßig fließende Ujjayi-Atem führt die Bewegung an. Gleichzeitig darf die Bewegung/ die Yogahaltung dem Atem angepasst werden, d.h., wird eine Bewegungsabfolge oder auch eine einzelne Yogahaltung (āsana) zu intensiv durchgeführt, kann der Atem nicht mehr anführen, er hinkt hinterher oder bleibt ganz aus, der Fluss ist unterbrochen (was so nicht sein soll).
In einer Vinyasa Flow-Yogaklasse werden mehrere Yoga āsanas zu einer Sequenz zusammengefügt. Das verbindende Element, der Atem, bleibt dabei konstant im Fluss, egal, ob der Körper in Bewegung ist oder eine Stellung für mehrere Atemzüge gehalten wird.
Wie genau kann man sich das auf der Yogamatte vorstellen?
Das beste Beispiel für Vinyasa Flow Yoga sind die Sonnengrüße (surya namaskar). Eine Yogahaltung wird innerhalb einer Sequenz mit der nächsten Yogahaltung über den Atem verbunden: Mit einer Einatmung hebt man die Arme, mit der Ausatmung beugt man sich nach unten, mit der nächsten Einatmung steigt man mit einem Fuß zurück in den Ausfallschritt, mit der nächsten Ausatmung bringt man den anderen Fuß dazu und landet im nach unten schauenden Hund usw. Atem und Bewegung bleiben im Fluss. Wird eine Yogastellung länger gehalten, ist es der Atem, der im Fluss bleibt, z.B. 5 bis 10 ujjayī -Atemzüge im Baum (vrksāsana) oder im nach unten schauenden Hund (adho muka svanāsana) oder auch im Kopfstand (śirsāsana). Man kann sich vorstellen, dass auf diesem Weg Energie zum Fließen kommt oder auch im Fluss bleibt. Ein klassisch ausgebildeter Vinyasa Flow-Lehrer sagt Atem und āsanas im Fluss an. Genauso bekommt ihr das in den YOGAMOUR-Videos:
„Einatmen, heb’ die Arme, ausatmen, tauch mit starkem Rücken nach unten, utanāsana, einatmen, rechter Fuß zurück, ausatmen, linker Fuß daneben, adho muka svanāsana, ... .“
Woher kommt Vinyasa Flow Yoga?
Die Yogahistorie geht allgemein davon aus, dass Tirumalai Krishnamacharya (gest. 1989) im letzten Jahrhundert in Indien begonnen hatte, Vinyasa Yoga zu unterrichten. Einige seiner direkten Schüler sind für uns Yogis des 21. Jahrhunderts wichtige Namen: T.K.V. Desikachar (gest. 2016), B.K.S. Iyengar (gest. 2014), K. Pattabhi Jois (gest. 2009), A.G.Mohan (am Leben und Unterrichten). Desikachar setzte Vinyasa Yoga sehr sanft und dem individuellen Schüler angepasst ein, während Pattabhi Jois mit seiner Ashtanga Yoga-Methode auch größere Gruppen ordentlich zum Schwitzen brachte. In den 70er Jahren reisten viele „Suchende“ nach Mysore, um bei Pattabhi Jois zu praktizieren. Jois wurde in die USA eingeladen und auch seine engsten Schüler brachten ihr Wissen und ihre durch ambitioniertes Üben perfektionierte asana-Praxis in den 80er und 90er Jahren nach Nordamerika und Europa. David Swenson, David Newman, Danny Paradise, Lino Miele, Nancy Gilgoff, Bryan Kest etc., sie alle kamen auch nach Deutschland und beeindruckten uns Ende der 90er Jahre mit ihren Fähigkeiten zu fliegen, zu binden, zu „verknoten“. Wir Yogis waren schwer beeindruckt!
Auch Sharon Gannon und David Life, die 2001 ihren ersten Jivamukti Yoga-Workshop in München gaben, waren sehr vom Ashtanga Yoga beeinflusst (sie waren in den 80er Jahren zusammen mit Eddie Stern zu Pattabhi Jois nach Indien gereist). Wohnhaft in New York City begannen sie gegen Ende der 80er Jahre eigene Vinyasa Flow Yoga-Sequenzen zu erfinden, die auf der körperlichen und auf der spirituellen Ebene wirken sollten. Zudem kombinierten sie ihre Yogastunden mit Musik und spirituellen Teachings aus Schriften wie Patanjalis Yogasutren oder der Bhagavad Gita und gaben ihnen damit einen modernen, die breite Masse inspirierenden Touch. Yoga āsanas und Yogaphilosophie durfte von jedem gelebt werden.
Amerikanische Senior-Yogalehrer wie z.B. Katchie Ananda, Cyndi Lee, Amy Matthews, Lilia Mead etc. bestätigen heute, dass Sharon und David damals in New York City einen Meilenstein für unser heutiges, modernes Vinyasa Flow Yoga gelegt haben. Vor allem ihre Lehrerausbildungen (Teacher Trainings), in denen sie sich bemühten, traditionelle yogische Lehren und Philosophie mit einem modernen, westlich-orientierten Lifestyle zusammen zu bringen, waren grundlegend für alles, was die Yoga Alliance heutzutage als Standard-Lehrplan voraussetzt.
Parallel zur New Yorker Yogaszene entwickelte sich an der kalifornischen Westküste der USA eine ganz eigene Vinyasa Flow Yoga-Szene. Bryan Kest machte Power Yoga groß, eine weit weg von der Guru-Kultur bestehende, kraftvoll-dynamische Vinyasa Flow Yoga-Methode. 1987 etablierten Chuck Miller, Maty Ezraty und Alan Finger Yoga Works, eine Institution, die seit 1990 Tausende von Yogalehrern ausgebildet hat. Mitte der 90er Jahre standen Yogis Schlange, um bei Yogalehrern wie Seane Corn und Shiva Rea Vinyasa Flow Yoga üben zu dürfen.
Darauf sollte geachtet werden:
Jeder Mensch kann Vinyasa Flow Yoga üben. Aber nicht jeder Mensch kann JEDES Vinyasa Flow Yoga auf dieselbe Art und Weise üben, das gilt es zu 100% zu berücksichtigen. Egal, ob Vinyasa Flow Yoga in größeren Gruppen oder auf Online-Portalen angeboten wird: Es ist wichtig, sich selbst auf körperlicher und mentaler Ebene zur Selbstreflektion anzuhalten und sich folgende Fragen immer wieder zu stellen:
„Wie fühle ich mich? Wie fühlt sich die Yogapraxis für mich an? Kann ich atmen? Fühle ich mich auch einen halben Tag nach der Praxis noch gut?“
Wer sich also unsicher ist und individuelle Betreuung oder individuellen Unterricht braucht, sollte sich unbedingt ein paar Einzelstunden bei einem Lehrer seines Vertrauens gönnen.
Richtig geübtes Yoga wirkt präventiv, nachhaltig und ist wunderbar wohltuend! Unvorteilhaft oder im Übermaß geübte Yoga āsanas können genauso wie jede andere übertrieben oder falsch ausgeführte Bewegungsart Gelenke abnützen, Bandscheiben schädigen etc.
Vinyasa Flow Facts:
- dynamisch, aktiv, kräftigt, dehnt
- wenn achtsam geübt auf jeden Fall präventiv
- Ujjayi Atem wird in die Praxis integriert
- āsanas werden im Fluss geübt oder 5 bis 10 Atemzüge lang gehalten
- wird gerne mit Musik geübt, muss aber nicht sein
- Meditation und Atemübungen sind Bestandteil einer Vinyasa Flow Yoga-Stunde
Quellen und weitere Infos